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Alltagswelten erleben, Vorurteile abbauen

Menschen mit und ohne Handicap tauschen für einen Tag den Arbeitsplatz, erfahren dabei viel über die Alltagswelt des jeweils anderen und bauen mögliche Vorurteile ab – das ist die Idee hinter dem bundesweiten Aktionstag Schichtwechsel der „Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V.“. Anfang Oktober war es wieder soweit: 4.200 Menschen, darunter mehr als 2.400 Werkstattbeschäftigte mit Behinderungen und rund 1.800 Mitarbeitende aus Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes, nahmen teil.

Auch das Heilbronner Therapeutikum und der TUM Campus Heilbronn beteiligten sich an der Aktion: Während die beiden Rehabilitandinnen des Therapeutikums Bettina Willet und Silke Ruttinger den Campus für einen Tag erleben konnten, besuchte Katja Kastrati, Referentin der Geschäftsführung der „Die TUM Campus Heilbronn gGmbH“, das Therapeutikum, lernte die Werkstätten für körperlich oder seelisch eingeschränkte Menschen kennen und legte selbst an der Werkbank Hand an.

„Sie haben heute die Möglichkeit, diese Arbeitsplätze einmal auszuprobieren und werden dabei auf eine große Vielfalt stoßen“, wendet sich Christiane Paroch, Gesamtleiterin Arbeit und Technik beim Therapeutikum, zu Beginn des Aktionstages an die elf Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, die in den Werkstätten mit anpacken. Sie berichtet von der großen Aufregung und Vorfreude der 20 Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, die zur gleichen Zeit in regionale Firmen, Behörden und Institutionen reinschnuppern. Damit sei der Schichtwechsel ein „Riesengewinn“ für beide Seiten: „Die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden erleben die Realität der Wirtschaft. Dadurch überwinden sie sich vielleicht, künftig ein Praktikum zu machen.“ Umgekehrt verankere der Aktionstag den sozialen Gedanken noch stärker in den Unternehmen: „Inklusion lebt nur durch Teilhabe.“

Informativer Rundgang

Beim anschließenden Rundgang führt Dietmar Gulden, Gruppenleiter am Bildungszentrum des Therapeutikums, Katja Kastrati zunächst durch die Abteilungen Büroservice und Mediengestaltung. Dort lernen die Mitarbeitenden den Umgang mit Computerprogrammen und bekommen Unterstützung beim Erstellen ihrer Bewerbungsunterlagen. Sie kümmern sich um Posteingang und -ausgang und bringen sogar ihr eigenes Magazin heraus: die „Wahnsinnswelt“.

Danach geht es in die Werkstatt für Industriemontage und Metallbearbeitung. Diese dient den Rehabilitandinnen und Rehabilitanden als erste Anlaufstelle, um zunächst ihre individuellen Stärken und ihren Förderungsbedarf festzustellen. In einem jeweils einjährigen Grund- und Aufbaukurs erwerben sie dann Grundkenntnisse der Holz- und Metallbearbeitung sowie der Arbeitssicherheit und absolvieren mehrere interne und externe Praktika.

Selbst Hand anlegen

Praktisch wird es auch bald für Katja Kastrati: Sie darf unter Anleitung von Dietmar Gulden kleine Holzgegenstände selbst herstellen. Bald misst und bohrt sie fleißig gemeinsam mit Anja Rogé-Kühner vom ASB Heilbronn und diskutiert mit ihrer „Mitpraktikantin“ immer wieder die richtige Vorgehensweise. Gulden gibt viele hilfreiche Tipps: „Es ist wichtig, immer senkrecht zu bohren, nicht schräg“, sagt er und empfiehlt, lieber etwas langsamer als zu schnell zur Sache zu gehen. „Man kann es fast immer noch retten, wenn etwas danebengegangen ist“, ermutigt er seine zwei Hospitantinnen. Ganz besonders achtet er auf die Arbeitssicherheit: „Wenn ihr bohrt, müsste ihr eine Schutzbrille tragen und die Haare zusammenbinden.“

Am Nachmittag bekommt Kastrati noch die Gelegenheit, einen Blick in die Automotive-Abteilung, die Industriemontage und die Metallbearbeitung zu werfen. Am Ende des Tages hält sie stolz ein greifbares Ergebnis in den Händen: einen selbstgebauten Tablet- und Buchhalter. Doch noch viel wertvoller sind die Einblicke, die sie im Therapeutikum gewonnen hat: „Die Gruppenleiter haben ein ungemein wertschätzendes Verhalten gegenüber allen Rehabilitanden gezeigt. Diese wiederum waren sehr offen, haben uns in ihre Arbeit integriert und uns viel erklärt“, erzählt sie begeistert. Besonders beeindruckt hat sie, wie kompetent die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich sind und wie viele Industriebetriebe in der Region auf die Produkte angewiesen sind, die sie herstellen. Den Perspektivwechsel beim Schichtwechsel fand sie sehr erfrischend und hat für den nächsten Aktionstag vor allem einen Wunsch: „Ich hoffe, dass die Aktion noch mehr Aufmerksamkeit bekommt und noch mehr Unternehmen teilnehmen werden.“

Zufriedenes Fazit

Währenddessen lernen die Rehabilitandinnen Bettina Willet und Silke Ruttinger die verschiedenen Abteilungen der TUM Campus Heilbronn gGmbH kennen. Sie helfen bei der Erstellung von PowerPoint-Präsentationen und Pressemappen für das anstehende Global Technology Forum und unterstützen die Vorbereitungen für den Welcome Day. Zwischendurch gibt es ein gemeinsames Mittagessen in der Mensa und eine Führung über den Bildungscampus Heilbronn.

Schließlich geht es für Bettina Willet noch ins Lager der Marketingabteilung: Dort bekommt sie die Aufgabe, die Restbestände der Merchandise-Artikel, die für den Welcome Day verwendet wurden, zu zählen und sie für die anstehenden Events aufzufüllen – eine Aufgabe, die der engagierten und zuverlässigen Frau bestens gelingt. Und so zieht Willet am Ende des ereignisreichen Tages ein zufriedenes Fazit: „Es war sehr interessant für mich. Besonders hat es mir gefallen, in die vielen verschiedenen Abteilungen reinzuschnuppern und den Bildungscampus bei der Führung kennenzulernen.“ Sie fügt hinzu: „Es ist sehr motivierend, mal ein anderes Unternehmen von innen zu erleben und dabei verschiedene Menschen kennenzulernen.“

Über Die TUM Campus Heilbronn gGmbH

Die Technische Universität München am Campus Heilbronn ist seit dem Wintersemester 2018/19 am Bildungscampus der Dieter Schwarz Stiftung präsent. Schwerpunkte der Programme liegen auf dem Management des digitalen Wandels sowie auf Familienunternehmen. Forschung und Lehre zielen auf einen Brückenschlag zwischen Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurswissenschaften und Information Technologies in einem dynamischen, internationalen Umfeld. So entstehen moderne Forschungsfelder, etwa mit Bezug zu Digitaler Transformation und Plattformökonomie, die in den innovativen Unternehmen der Region Heilbronn-Franken, aber auch weltweit Verwendung finden. Die durchgängig englischsprachigen Bachelor- und Master-Studiengänge bereiten auf eine Karriere in technologie-getriebenen Unternehmen vor. Eine intensive Betreuung durch Professor:innen mit internationalem Renommee und kleine, internationale Lerngruppen, machen das Studium am TUM-Campus Heilbronn zu etwas Besonderem.

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