- 50 Prozent Glasfaserabdeckung bis 2025 und 100 Prozent bis 2030: Ambitionierte Ziele, nur mit den richtigen Rahmenbedingungen erreichbar
- DIN-Norm für moderne Verlegemethoden: Wichtiger Meilenstein für effizienten Glasfaserausbau, aber Anwendung durch Kommunen entscheidend
- Digitale Genehmigungsverfahren: OZG-Breitbandportal muss schnell flächendeckend zum Einsatz kommen
- Glasfaser-Doppelausbau: Taktische Manöver der Telekom gefährden Ausbauziele
Im Juli 2022 hat die Bundesregierung ihre Gigabitstrategie beschlossen – die sie selbst als „Kompass für den Glasfaser- und Mobilfunkausbau“ bezeichnet. Anlässlich des ersten Jahrestages analysiert der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO), ob die Nadel in die richtige Richtung zeigt, welche Meilensteine bereits erreicht wurden und wo jetzt Kurskorrekturen notwendig sind.
Ambitionierte Ziele, Richtung stimmt
Die Gigabitstrategie ist ein wichtiger Schritt hin zur flächendeckenden Glasfaserverfügbarkeit in Deutschland. Denn sie bekennt sich mit den Zielen von 50 Prozent Glasfaserabdeckung bis 2025 und 100 Prozent bis 2030 klar zur zukunftssicheren digitalen Infrastruktur und gibt ein ambitioniertes Tempo vor. Sie benennt auch die zentralen Herausforderungen zur Erreichung der Ziele und viele sinnvolle Maßnahmen auf dem Weg dorthin. Dass Bundesminister Dr. Volker Wissing den Glasfaserausbau wirklich voranbringen will, zeigt sich auch in der konstruktiven Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern. Aber der Weg ist noch weit, konstatiert BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers: „Einige Maßnahmen sind bereits umgesetzt, aber es bleibt noch viel zu tun. Neben einer schnellstmöglichen Umsetzung der noch ausstehenden Maßnahmen durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) – insbesondere einer Lösung beim taktischen Doppelausbau – wird es entscheidend darauf ankommen, dass sich auch Länder und Kommunen noch stärker für die Ziele der Gigabitstrategie engagieren und die Maßnahmen in ihrem Zuständigkeitsbereich zügig umsetzen.“
Normierung moderner Verlegemethoden ist wichtiger Meilenstein
Ein Erfolg der Gigabitstrategie ist die Fertigstellung der DIN 18220 für Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren im Glasfaserausbau, die heute im Rahmen der BMDV-Veranstaltung „Ein Jahr Gigabitstrategie“ feierlich an Staatssekretär Stefan Schnorr übergeben wird. Sie kann helfen, bestehende Vorbehalte bei Kommunen und Genehmigungsbehörden abzubauen und ist damit ein wichtiger Schritt hin zu einem verstärkten Einsatz moderner Verlegemethoden. Diese können viele Glasfaserausbauprojekte nicht nur beschleunigen, sondern im Vergleich zur klassischen offenen Grabenbauweise auch ressourcenschonender und damit nachhaltiger gestalten. Letztlich wird es aber auf die Anwendung der neuen Norm in den Kommunen ankommen. Wir erwarten, dass viele Kommunen die neue Norm nutzen werden und moderne Verlegemethoden dadurch in Zukunft einen deutlich größeren Beitrag zum Glasfaserausbau leisten können.
Digitale Genehmigungsverfahren müssen schnell ausgerollt werden
Für den Glasfaserausbau ist die Vereinfachung und Digitalisierung der Genehmigungsverfahren eine der wichtigsten Maßnahmen der Gigabitstrategie – konkret die flächendeckende Nutzung des Breitbandportals, das Hessen und Rheinland-Pfalz im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) entwickelt haben. Da das Portal bislang noch zu wenig in der Praxis angekommen ist, appellieren wir an Länder und Kommunen, dieses wichtige Instrument im Rahmen der Umsetzung des OZG 2.0 prioritär zu behandeln, damit es zeitnah zum Einsatz kommen kann. Denn wenn es einmal eingeführt ist, bedeutet es auch für die zuständigen Behörden eine enorme Arbeitserleichterung. Der Bund sollte hier mit Aufklärungsmaßnahmen und gezielten Anreizen unterstützen.
Doppelausbau der Telekom größte Gefahr für Zielerreichung
Es ist gut, dass das BMDV das Problem des angekündigten oder tatsächlichen Glasfaser-Doppelausbaus durch Deutsche Telekom und Glasfaser Plus ernst nimmt und genau untersuchen lässt. Aber das Wichtigste: Es muss schnell eine Lösung gefunden werden.
Die vielen offenbar rein verdrängungstaktisch motivierten Fälle in ganz Deutschland führen zu erheblicher Verunsicherung – nicht nur bei anderen Marktteilnehmern, sondern auch bei Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern in den betroffenen Gebieten. Denn der meist nur punktuelle Doppelausbau besonders lukrativer Ortsteile gefährdet die Wirtschaftlichkeit geplanter, im Bau befindlicher, oder bestehender Glasfasernetze alternativer Netzbetreiber. Dadurch kam es bereits mehrfach zur Aufkündigung von Ausbauzusagen für größere Gebiete. Die Folge: Große Teile der Kommunen werden nicht mit Glasfaser versorgt und können dann nur noch mithilfe staatlicher Förderung erschlossen werden, was den Ausbau weiter verzögert. Und wenn sich ein alternativer Netzbetreiber entscheidet, trotz Doppelausbau an seinen ursprünglichen Plänen festzuhalten, werden dort knappe Ressourcen verschwendet, die andernorts fehlen. Die aktuelle Ausbautaktik der Telekom bringt also die Erreichung der in der Gigabitstrategie definierten Ausbauziele in akute Gefahr. Deshalb muss die Bundesregierung jetzt schnell und entschlossen eingreifen. Als Hauptanteilseigner der Telekom muss der Bund Druck auf die Telekom ausüben und auf ein Ende dieses volkswirtschaftlich unsinnigen Vorgehens hinwirken.
Gigabitförderung muss evaluiert und nachgeschärft werden
Der BREKO begrüßt, dass die Richtlinie zur Neuausrichtung der Gigabitförderung des Bundes im April in Kraft getreten ist. Es muss jedoch zeitnah evaluiert werden, ob sie auch die erhofften Effekte erzielt und Fördermittel dosiert und priorisiert in die Gebiete lenkt, wo sie am dringendsten benötigt werden. Dann muss gegebenenfalls schnell nachgesteuert werden, etwa um eigenwirtschaftlichen und geförderten Glasfaserausbau besser zu verzahnen. Im Zuge dieser Evaluierung wird es ebenfalls wichtig, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wenn einzelne Bundesländer das gebotene Maß an Förderverfahren überschreiten. Hier blicken wir besonders sorgenvoll in Richtung Bayern und Baden-Württemberg, wo derzeit mit Abstand die meisten Markterkundungsverfahren laufen.
Gigabit-Grundbuch muss Sicherheitsaspekte stärker berücksichtigen
Für das mit der Gigabitstrategie eingeführte Gigabit-Grundbuch fehlt bislang ein zwingend notwendiges Sicherheits- und Zugriffskonzept. Denn übermäßige Transparenz über den Verlauf wichtiger Glasfaser- und Versorgungsleitungen erleichtert gezielte Angriffe auf diese kritischen Infrastrukturen. Das BMDV sollte gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie den relevanten Sicherheitsbehörden zeitnah ein Sicherheits- und Zugriffskonzept erarbeiten.
Kontinuierliches Umsetzungsmonitoring nötig
Wie vom BMDV angekündigt, sollte zeitnah ein übersichtliches und stets aktuelles Umsetzungsmonitoring etabliert werden, um Transparenz über den Fortschritt bei den einzelnen Maßnahmen zu schaffen.
Als führender Glasfaserverband mit über 450 Mitgliedsunternehmen setzt sich der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) erfolgreich für den Wettbewerb im deutschen Telekommunikationsmarkt ein. Seine Mitglieder setzen klar auf die zukunftssichere Glasfaser und zeichnen für über 70 Prozent des Ausbaus von Glasfaseranschlüssen in Deutschland verantwortlich. Die mehr als 230 im Verband organisierten Telekommunikations-Netzbetreiber versorgen sowohl Ballungsräume als auch ländliche Gebiete mit zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen. Dafür haben sie im Jahr 2021 3,2 Mrd. Euro investiert. Weitere Informationen finden Sie unter brekoverband.de.
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