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SanInsKG: neue krisenbedingte insolvenzrechtliche Sonderregeln bleiben unterm Radar

Putins Russland sei Dank wurde die nunmehr wohl überwundene Corona-Krise gleichsam nahtlos durch eine Energiekrise abgelöst. Vor dem Hintergrund des andauernden Krisengeschehens hat der Gesetzgeber – weitgehend unbemerkt – mit Wirkung zum 9. November 2022 neue temporäre Änderungen des Insolvenzrechts beschlossen. Die als Änderung des anlässlich der Pandemie geschaffenen COVInsAG gestalteten Regelungen treffen unter der neuen Bezeichnung „Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz SanInsKG)“ mit Wirkung einstweilen bis zum 31. Dezember 2023 temporäre Änderungen im Sanierungs- und Insolvenzrecht.

Im Mittelpunkt steht dabei die Verkürzung des Prognosezeitraums im Rahmen der insolvenzrechtlichen Definition der Überschuldung von zwölf auf vier Monate sowie des (Liquiditäts-)Planungszeitraums bei einem Antrag auf Eigenverwaltung gemäß § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO bzw. alternativ dem Finanzplan im StaRUG- Verfahren ebenfalls von sechs auf vier Monate.

Erweiterter Anwendungsbereich

Anders als in der jetzt geänderten Version des vormaligen COVInsAG wird nunmehr nicht mehr ein kausaler Zusammenhang zwischen der „Inanspruchnahme“ der  Erleichterungen und der Betroffenheit von dem Krisengeschehen verlangt, sondern es wurde sozusagen eine Allzweckwaffe geschaffen, die Lieferkettenprobleme und Fachkräftemangel ebenso adressiert wie Probleme durch allgemeine Inflation oder gestiegene Energiepreise.

Insolvenzantragspflicht nicht ausgesetzt

Anders als in der durch die Pandemie ausgelösten Krise hat der Gesetzgeber in diesem Falle die Pflicht gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person, binnen 21 Tagen nach Erkennen der eigenen Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag zu stellen, unberührt gelassen. Großzügiger bemessen für den Zeitraum der Geltung der neuen Sonderregeln ist nur die Pflicht zum Insolvenzantrag bei (isolierter) Überschuldung. Hier hat die Geschäftsleitung nun temporär acht statt sechs Wochen „Überlegungsfrist“ und muss bei der Fortführungsprognose lediglich auf einen Zeitraum von vier Monaten abstellen, statt in diesen unsicheren Zeiten gleichsam die Glaskugel zu bemühen, um 12 Monate in die Zukunft zu schauen. Entsprechende Regelungen gelten für den nach § 50 Abs. 2 StaRUG zu erstellenden Finanzplan.

Bedeutung der neuen insolvenzrechtlichen Sonderregeln für die Praxis

Während die Änderungen im Bereich Antragspflicht bei (isolierter) Überschuldung eher akademische Bedeutung erlangen dürfte, hat die spürbare Absenkung der Voraussetzungen für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung erhebliches Potential, die insolvenzrechtliche Landkarte massiv umzugestalten. Da betroffene Gläubiger im Regelfalle die Liquidität für drei Monate bereits aus dem für diesen Zeitraum bestehenden Anspruch auf Insolvenzausfallgeld schöpfen können, dürfte die Absenkung der Anforderungen an die Finanzplanung von insgesamt sechs auf insgesamt vier Monate dazu führen, dass ein Verfahren in Eigenverwaltung wohl in einer Mehrzahl von Insolvenzverfahren während der Dauer der Änderung als Option zur Verfügung steht. Angesichts der erheblich besseren Akzeptanz solcher Verfahren in der Wahrnehmung der Geschäftspartner und der Möglichkeiten, damit das Unternehmen und damit häufig die eigene wirtschaftliche Existenz über die Krise zu retten, schwer vorstellbar, dass dies keine Auswirkung auf den prozentualen Anteil Verfahren in Eigenverwaltung am gesamten Insolvenzgeschehen hat.

Höchste Zeit also für Gläubiger, ihr know-how im Umgang mit Schuldnern in Eigenverwaltung aufzufrischen. Wie das neue vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren funktioniert und worauf Gläubiger besonders achten sollten, finden Sie hier. PASCHEN bietet zudem regelmäßig Seminarveranstaltungen im Insolvenzrecht für Gläubiger an.

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