„Viele der in dem Brief enthaltenen Behauptungen sind sachlich falsch und widersprechen den Fakten zum Glasfaserausbau in Deutschland. Um den Glasfaserausbau in Deutschland so schnell wie möglich zu den Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen zu bringen, brauchen wir sachorientierte Lösungen auf Basis der aktuellen Entwicklungen in der Praxis. Dazu gehören neben der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und dem verstärkten Einsatz alternativer Verlegemethoden auch ein, den eigenwirtschaftlichen Ausbau sinnvoll ergänzendes, nicht aber verdrängendes, Förderprogramm des Bundes, das eine klare Priorisierung bei der Vergabe der Fördermittel vorsieht“ kommentieren die Verbände Bitkom, BREKO und VATM den am Wochenende bekannt gewordenen Brandbrief von 15 Bundesländern und den kommunalen Spitzenverbänden an das BMDV. Dass durch den Förderstopp des BMDV der Gigabitausbau konterkariert werde und das Erreichen der Ausbauziele insgesamt in Frage gestellt werde, wie es die unterzeichnenden Länder und kommunalen Spitzenverbände in ihrem gemeinsamen Brief zum Ausdruck gebracht haben, entbehrt nach Auffassung der Verbände einer sachlichen Grundlage.
Großteil des Glasfaserausbaus erfolgt eigenwirtschaftlich
Betrachtet man den aktuellen Stand des Glasfaserausbaus, so wurden von den Ende Juni 2022 verfügbaren FTTB/H-Glasfaseranschlüssen in Deutschland lediglich 1,2 Mio. Anschlüsse auf Basis des Breitbandförderprogramms des Bundes realisiert. Dies entspricht weniger als 10 Prozent. Rechnet man noch Anschlüsse dazu, die mit Unterstützung von Breitbandförderprogrammen einzelner Bundesländer errichtet wurden dazu, erhöht sich der Prozentsatz nur in sehr geringem Umfang. Der ganz überwiegende Teil der Investitionen und damit Anschlüsse wurde und wird eigenwirtschaftlich, also ohne den Einsatz von Steuergeldern, realisiert. Alleine im Jahr 2021 hat die Telekommunikationsbranche rund 11 Mrd. EUR in den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland investiert. 2021 lag der Anteil staatlicher Fördermittel an den Gesamtinvestitionen bei 9 Prozent. In den nächsten Jahren will die Telekommunikationsbranche weitere 50 Mrd. EUR in den Ausbau von Glasfasernetzen investieren.
Zudem dauert die Umsetzung von mit öffentlichen Mitteln geförderten Ausbauprojekten im Durchschnitt dreimal so lange, wie ein vergleichbares eigenwirtschaftlich realisiertes Projekt. Dies liegt daran, dass die Umsetzung von Förderprojekten naturgemäß mit vielen bürokratischen Hürden verbunden sind und eine Reihe rechtlicher Vorgaben einzuhalten sind. Staatliche Breitbandförderprogramme beschleunigen den Ausbau nicht, sie ermöglichen ihn in besonders schwer erschließbaren und dadurch unwirtschaftlichen Gebieten.
Förderstopp aus Sicht von Bitkom, BREKO und VATM unvermeidlich
Die Verbände Bitkom, BREKO und VATM halten den Förderstopp für unvermeidlich. Dazu erklären sie: “Staatliche ‚Fördertöpfe‘ sind immer endlich. Wenn die Haushaltsmittel, die im Jahr 2022 für die Breitbandförderung vorgesehen waren, erschöpft sind, können in dem entsprechenden Haushaltsjahr keine weiteren Mittel mehr für neue Anträge bereitgestellt werden. Daher hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit dem vorübergehenden Stopp richtig und verantwortungsvoll gehandelt“. Die Verbände erläutern weiter: „Der erfolgte Förderstopp zeigt leider eindrucksvoll, dass eine Vielzahl der Bundesländer und insbesondere der Deutsche Landkreistag die von ihnen zugesagte ‚natürliche Priorisierung‘ zur Vermeidung einer ‚Förderflut‘ in der Praxis leider nicht umsetzen. So erklärt sich auch, dass innerhalb von nur einer Woche neue Förderanträge in Höhe von insgesamt 500 Mio. beim BMDV gestellt wurden.“
Priorisierung förderbedürftiger Kommunen erforderlich
Die aktuelle Entwicklung mit einer sehr großen Zahl an Förderanträgen, die innerhalb kürzester Zeit beim BMDV gestellt wurden, unterstreicht sehr deutlich, dass wir für die Verteilung der Fördergelder für den Glasfaserausbau klare Regeln und eine wirksame Priorisierung benötigen, die die Förderung besonders benachteiligter Gebiete und den gezielten Einsatz von Steuergeldern sicherstellt. Schnelligkeit vor Förderbedürftigkeit darf nicht Leitmotiv des Förderprogramms sein.
Mit Blick auf die ab 2023 zur Verfügung stehenden Fördermittel muss ein Run auf die dann zur Verfügung stehenden Fördermittel verhindert werden. Wie das gelingen kann, erläutern die Verbandsgeschäftsführer: „Da die Bundesländer offensichtlich nicht in der Lage sind, eine Priorisierung von Förderanträgen zu koordinieren, erwarten wir, dass das BMDV vorab klare Kriterien für eine Priorisierung festlegt, die sicherstellen, dass Fördermittel nur in Gebieten eingesetzt werden, in denen die Versorgungslage besonders schlecht ist – also in sogenannten weißen und hellgrauen Flecken mit weniger als 100 Mbit/s und kein Potenzial für einen eigenwirtschaftlichen Ausbau vorhanden ist. Innerhalb dieser Gebiete müssen zuerst die profitieren, bei denen die Chance auf einen eigenwirtschaftlichen Ausbau am geringsten ist. Die vom BMDV in Auftrag gegebene Potenzialanalyse, die für alle Kommunen in Deutschland ermitteln soll, ob Potenzial für einen eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau besteht, ist ein zentrales Werkzeug, um die für 2023 zur Verfügung stehenden Fördermittel gezielt in förderbedürftige Gebiete zu bringen. Nach den Erfahrungen der letzten Tage und Woche wäre das BMDV gut beraten, die Ergebnisse der Potenzialanalyse zur verbindlichen Grundlage für Förderanträge zu machen.“
Begrenzung des Fördervolumens
Sachlich falsch ist auch die Aussage der Bundesländer, es gebe für 2023 keine belastbare finanziellen Zusagen des Bundes für die Gigabitförderung. Im Entwurf für den Bundeshaushalt 2023 sind Fördermittel in Höhe von knapp 1,5 Mrd. EUR vorgesehen. Diese werden ergänzt um Ko-Finanzierungsmittel der Länder und Kommunen, was insgesamt ein Fördervolumen von ca. 3 Mrd. EUR ergibt. Als Telekommunikationsbranche halten wir ein Gesamtfördervolumen von maximal 2 Mrd. EUR für angemessen, weil nur mit einer Begrenzung der Fördermittel verhindert wird, dass die sowieso schon knappen Bau- und Planungskapazitäten in Förderprojekten gebunden werden und damit für den eigenwirtschaftlichen Ausbau nicht mehr zur Verfügung stehen.
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