Auch wenn die chinesische Zentralregierung versucht, bei neuen Beschränkungen in weiteren Städten durch einen neuen, flexibleren Ansatz sicherzustellen, dass kritische Industrien weiterarbeiten können, wird sich die Situation voraussichtlich nicht schnell wieder normalisieren. Einige Experten erwarten durch die weitere Verschärfung der weltweiten Inflation und das kontinuierliche Anschwellen der Lagerbestände, dass sich Lieferkettenverzögerungen sogar noch bis ins Weihnachtsgeschäft 2022 auswirken könnten.
Insbesondere würde dies auch die USA als größten Importeur von Waren aus China betreffen: Ein Anstieg des Transportaufkommens nach Auflösung der Sperrungen könnte eine weitere Welle von Staus und Verzögerungen an den großen US-Häfen der Westküste (Los Angeles/Long Beach) auslösen.
- Neueste Zahlen (aktualisiert am 25. April 20202) zum U.S. Hafenumschlag: Der Umschlag von eingehenden Containern in neun großen nordamerikanischen Seehäfen fiel im März 2022 gegenüber Februar 2022 tagesbereinigt um 0,4 Prozent. Mit 124.559 TEU pro Tag entsprach der März nahezu der Aktivität des letzten Jahres. Während von Engpässen in den Häfen an der Westküste berichtet wird, hat die Überlastung an der Ostküste dazu geführt, dass sich die Zahl der Schiffe, die auf ihre Entladung warten, erhöht hat (weitere Statistiken siehe „Flexports Logistics Pressure Matrix“)
Die Gründe für die sich weiter verschärfende Lieferkettenlage im Überblick:
- Abriegelungen belasten Chinas Lkw-Industrie: Obwohl der Hafen in Shanghai (verantwortlich für 20 Prozent der chinesischen Exporte) sowie die nahe gelegenen Flughäfen größtenteils offen sind, gibt es zu wenige Lkw-Fahrer, die Waren zum und vom Hafen transportieren können. Außerdem können sie ohne Sondergenehmigungen nicht frei in der Stadt fahren. Auch der Lkw-Verkehr zwischen den Provinzen ist gestört, da einige Autobahnverbindungen zwischen Städten blockiert sind. Zudem gibt es neue COVID-19-Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen in der Inustrieregion um Suzhou, die den Warentransport zu den Häfen beeinträchtigen.
- Inflation: Durch die bei vielen Importeuren andauernden Lieferverzögerungen verschärft sich der Wettbewerb um Waren weiter. Dies lässt die Preise ansteigen und heizt dadurch die Inflation weiter an.
- Zurückgehende Exporte aus Asien: Durch die Corona-bedingten Fabrikschließungen und den damit zusammenhängenden LKW-Fahrer-Mangel gehen die Exporte aus Asien zurück: nach Europa ab Shanghai betrug der Rückgang um die 70 Prozent, von Asien in den Transpazifik 40 Prozent.
- Mai-Feiertag: Am 1. Mai Feiertag sind die meisten Unternehmen und Fabriken in China geschlossen, was die aktuellen Verzögerungen weiter verstärken könnte.
- Halbleiterindustrie: Einige Unternehmen wie Foxconn, Hua Hong, Tesla und Bosch haben zwar geschlossene Produktionssysteme geschaffen, indem sie die Arbeiter vor Ort isoliert haben, trotzdem wird es immer schwieriger, Ausrüstung, Rohstoffe und andere Materialien aus den Nachbarprovinzen oder vom Hafen in die Fabrik zu bringen. Die Nachfrage nach Halbleiter-Chips aller Art wird das verfügbare Angebot zudem bis weit ins nächste Jahr hinein noch übersteigen.
Der Flexport Ocean Timeliness Indicator für Transpacific Eastbound Routen (TPEB) stieg leicht auf 112 Tage.
Der Flexport Air Timeliness Indicator für TPEB blieb unverändert und lag nahe dem Niveau vom Sommer 2021.
Weitere aktuelle Daten aus der „Flexports Logistics Pressure Matrix“
- Der Stage-1-Index für die Pünktlichkeit im Seeverkehr, der die Zeitspanne von der Frachtbereitschaft bis zum Abgang im Ursprungshafen auf transpazifischen ostgehenden Routen auf Basis des nachlaufenden Durchschnitts angibt, hat sich in den vier Wochen bis zum 24. April verbessert und liegt nun 14,0 Prozent unter dem Höchststand vom März. Der Wert ist leicht rückläufig, liegt aber immer noch 6,1 Prozent über dem Tiefststand von Mitte Januar. Das deutet darauf hin, dass die zunehmende Verkehrsüberlastung anhält. Der Flexport-Indikator für die Pünktlichkeit im Luftverkehr blieb unterdessen knapp über dem niedrigsten Stand seit Ende Juni 2021.
- Die Verbrauchererwartungen haben sich im April leicht erholt. Damit liegen die Erwartungen in der Nähe des Niveaus vom Herbst 2021. Dies deutet darauf hin, dass sich die Verbraucher mit den anhaltenden Herausforderungen durch Inflation und Geopolitik abgefunden haben. Sollte sich dies in höheren Ausgaben niederschlagen, könnte der Druck auf die Logistiknetze zunehmen.
- Die Importerwartungen der Industrie fielen im März nach vier Monaten des Anstiegs auf den niedrigsten Stand seit Oktober. Dennoch blieben sie über 50 (was auf Wachstumserwartungen hindeutet). Ein nachhaltiger Rückgang unter 50 (der Wert, der einen neutralen Ausblick anzeigt) wäre erforderlich, um von einem geringeren Druck auf die Logistiknetze auszugehen.
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