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Hamburger Hafen: Strukturelle Herausforderungen bedeutender als Corona-Einbruch

Der Hamburger Hafen hat in der Corona-Krise temporär einen eklatanten Umschlagseinbruch verbucht, bedeutender für dessen Zukunft ist aber ein schon längerfristig zu beobachtender Abwärtstrend. Hamburg verliert im europäischen Vergleich seit Jahren Marktanteile, wie eine Studie des IfW Kiel in Kooperation mit der Nordakademie zeigt. Weltwirtschaftliche Entwicklungen bringen weitere Risiken für den Hafen mit sich, der stark am Handel mit China hängt. ­­ ­ ­

Während der Corona-Krise brachen die Güterumschläge pro Quartal im Hamburger Hafen vorübergehend um fast 16 Prozent ein. Damit folgte die Entwicklung dem Rückgang im gesamten Güterhandel der EU während der Lockdown-Phasen in verschiedenen Weltregionen, heißt es in der heute veröffentlichten Studie des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) für die Nordakademie-Stiftung („Am Puls des Welthandels – der Umschlag im Hamburger Hafen während der Corona-Krise“, Jessen-Thiesen, L.; Feb. 2021). Der Rückgang in Hamburg war so drastisch wie seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 nicht mehr. Hamburg war im Vergleich zu seinen Wettbewerbshäfen stärker von der Corona-Krise betroffen. Grund dafür ist die Bedeutung des Asien-Verkehrs für Hamburg, der besondere Chancen, aber auch besondere Risiken für die Entwicklung des Hafens mit sich bringt.  

„Doch der temporäre Rückgang des Umschlags im Zuge der Corona-Krise erscheint als ein eher nachrangiges Problem des Hamburger Hafens“, sagt Levke Jessen-Thiesen, Forscherin am IfW Kiel und Autorin der Studie. Der Umschlag im Hafen habe sich vom grundsätzlichen Wachstumstrend im Güterhandel entkoppelt: Die Im- und Exporte der EU nehmen stetig zu und haben im Jahr 2021 wahrscheinlich etwa 30 Prozent über dem Niveau von 2005 gelegen. Dagegen lag der Gesamtumschlag im Hamburger Hafen im ersten Quartal 2021 mit 27,6 Millionen Tonnen nicht weit über dem Wert von 25,8 Millionen Tonnen im ersten Quartal 2005. Seit 2014 ist der Gesamtumschlag auf einem Abwärtstrend. Das liegt nicht daran, dass der Seeverkehr insgesamt für die europäischen Ein- und Ausfuhren in diesem Ausmaß an Bedeutung verloren hätte. Die Entkopplung von Hafenumschlag und EU-Güterhandel weist vielmehr darauf hin, dass der Hamburger Hafen im Wettbewerb hinter andere Häfen zurückfällt.

So sind die beiden größten europäischen Containerhäfen in Antwerpen und Rotterdam auf einem Expansionspfad, den Hamburg nicht mitgeht. Der für die Rolle des Hafens in Hamburg entscheidende Containerumschlag legte von 2010 bis 2019 um etwa 17 Prozent zu, während Antwerpen ein Wachstum von über 40 Prozent erlebte. 

Hamburg ist der zentrale europäische Anlaufpunkt für Containertransporte aus und nach China, sie machen mehr als 27 Prozent des gesamten Containerumschlags in Hamburg aus. Für Antwerpen, Rotterdam und Bremerhaven hingegen steht China als Partnerland erst an zweiter Stelle. Die USA sind sowohl für Antwerpen mit 11,8 Prozent als auch für Bremerhaven mit 15,3 Prozent das wichtigste Partnerland. „Diese Fokussierung auf China birgt neben Chancen auch Risiken. Der geoökonomische Umgang mit China wird gerade neu bewertet – auch durch die Bundesregierung. Zudem erhöht China den Anteil der Wertschöpfung im eigenen Land. All das kann Folgen für das Handelsvolumen mit China haben, und es sind damit Risiken für einen Hafen, der stark am China-Geschäft hängt“, sagt Jessen-Thiesen.

Hamburg arbeitet an einem neuen Hafenentwicklungsplan, der dieses Jahr verabschiedet werden soll. „Die im bislang gültigen Hafenentwicklungsplan von 2012 genannten Umschlagziele hat Hamburg klar verfehlt“, sagt Jessen-Thiesen. „Angesichts der Entwicklung kann man infrage stellen, ob das Wachstum des Umschlags im Hamburger Hafen überhaupt wieder Anschluss finden kann an jenes anderer europäischer Häfen. Deshalb muss der Plan die Frage beantworten, ob man den Fokus auf Umschlagwachstum behalten will. Dabei gilt es, die Entwicklung des Hafens gegen Fragen der Lebensqualität in einer verdichteten Großstadt abzuwägen.“

Neben regionalen seien aber auch geoökonomische Aspekte zu beachten, sagt Jessen-Thiesen. China sei dabei, seinen Einfluss auf internationale Lieferketten unter anderem im Rahmen der Seidenstraßen-Initiative auszubauen. „Vor diesem Hintergrund kann es Sinn ergeben, andere europäische Hafenstandorte statt Hamburg zu stärken. Der Hamburger Hafen könnte aber über Investitionen und Beteiligungen aktiv Anteil an dieser Entwicklung nehmen.“ 

Zur Studie: “Am Puls des Welthandels – der Umschlag im Hamburger Hafen während der Corona-Krise"

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