- Beim Digitalkongress der Beyond Platforms Initiative in Hamburg haben Expert*innen Ideen zum Aufbau einer alternativen Mediendistribution präsentiert
- Speaker*innen und Panelgäste aus Journalismus, Wissenschaft und Politik lieferten Hintergründe zur Entstehung der Machtposition der großen Medienplattformen
- In Workshops haben die Expert*innen der BPI mit den Teilnehmer*innen die Eigenschaften eines alternativen medialen Ökosystems konzipiert
Wahlen, Klimakrise, Pandemie – Sie alle machen qualitativ hochwertige Berichterstattung und eine Unabhängigkeit von großen Plattformen zu einer zentralen politischen Herausforderung. In Hamburg hat sich nextMedia.Hamburg gemeinsam mit der Beyond Platforms Initiative dieser Aufgabe gestellt und an einem zweitägigen Kongress mit Expert*innen aus Journalismus, Wissenschaft, Politik und Tech Herausforderungen und Lösungen für eine Mediendistribution jenseits der großen Plattformen formuliert.
Die größte Herausforderung im Kampf gegen die Macht der großen Plattformen ist das, was der Kulturwissenschaftler, Autor und Blogger Michael Seemann in seiner Keynote-Speech am ersten Tag des Kongresses den „zwanglosen Zwang des dominanten Standards“ nennt. Hat sich eine große Plattform erst etabliert, entstehe eine Feedback-Loop: Sie wird immer nützlicher und wird durch die große Menge an Nutzer*innen zu einem Standard, den konkurrierende Plattformen nur schwer erreichen können. Dennoch sieht Michael Seemann den Kampf gegen große Plattformen nicht als aussichtslos: „Es gibt keine Alternative zu Alternativen“, lautet sein Fazit.
Alternativen gründen sich auf Innovation
„Wir haben auf unserem Kongress ein besseres Verständnis für die Werte gewonnen, die unsere Inhalte bereits jetzt schon bieten“, resümiert Bertram Gugel, einer der Initiatoren der BPI. „Nun brauchen wir Innovationen – und zwar auf allen Ebenen, von der User-Experience über die Infrastruktur bis hin zu konkreten Business Models, um die großen Plattformen nicht nur zu kopieren, sondern eine wirkliche Alternative zu bieten.“ Im Rahmen des Panels „Plattformen, Value Creation und Public Value“ wurde deutlich, dass es für eine bessere Öffentlichkeit weiterhin unabhängige Redaktionen aber eben auch neue, smarte Algorithmen brauche, die mehr Public Value abbilden. Marktstrukturen können nicht dadurch verändert werden, bestehende Plattformen zehn Jahre nach deren Entstehen nachzubauen. Hier müssen Innovationen aus den Medien heraus neue technologische Entwicklungen anstoßen.
Was muss ein mediales Ökosystem ohne große Plattformen anbieten?
Um konkrete Ideen zu entwickeln, welche Neuerungen eine Alternative zu großen Plattformen anbieten könnte, diskutierten Expert*innen gemeinsam mit den Teilnehmer*innen in fünf verschiedenen Workshops zu den Eigenschaften einer Mediendistribution jenseits der großen Plattformen: Experience, Infrastruktur, Werte, Inhalte und Business Model. Dabei haben die Expert*innen mit den Teilnehmer*innen konkrete Aufgaben formuliert, an denen die Beyond Platforms Initiative in den kommenden Monaten arbeiten wird. Einige Ansätze: „Wie kann eine Plattform-Alternative dezentral arbeiten und den Nutzer*innen die Hoheit über ihre Daten gewährleisten?“ oder „Wie soll der Wertekanon eines alternativen medialen Ökosystems aussehen?“. Die Zwischenergebnisse sollen nächsten Sommer präsentiert werden. Darauf aufbauend ist der zweite Kongress für den Herbst geplant.
Der Digitalkongress wurde von der Beyond Platforms Initiative und nextMedia.Hamburg am 17. & 18. November veranstaltet. Als Panelgäste und Keynote-Speaker*innen waren u. a. eingeladen: Daniela Beaujean, Dr. Carsten Brosda, Dr. Adrian Daub, Florian Hager, Michael Seemann, Dr. Alexandra Borchardt sowie Katharina Köth.
Die BPI ist eine Organisation aus Fachleuten, die auf der Suche nach einem besseren digitalen Ökosystem für Medien sind – sie wird seit Juni 2021 von der Stadt Hamburg und nextMedia.Hamburg unterstützt.
Weitere Informationen zur Beyond Platforms Initiative gibt hier: https://beyond-platforms.org/. Eine Zusammenfassung der Key-Takeaways des Events werden demnächst veröffentlicht.
Über die Beyond Platforms Initiative:
Die Beyond Platforms Initiative hat sich im Winter 2019/2020 als gemeinnützige Organisation (e.V. i.Gr.) konstituiert. Sie versteht sich im ersten Schritt als Thinktank, der Zukunftsbilder für die digitale Öffentlichkeit und eine demokratiefördernde digitale Medienlandschaft entwirft. Dazu wird der Thinktank anfangs relevante Akteur*innen in diesem Bereich europaweit verbinden, den Diskurs strukturieren und fördern. Weiterhin die aktuelle Technologielandschaft zu einer als Landkarte erstellen und Lücken identifizieren sowie Projekte zur Weiterentwicklung von technologischen und strukturellen sowie strategischen Fragestellungen initiieren. Perspektivisch ist es denkbar, dass aus dem Thinktank auch Entitäten hervorgehen, die bei der Umsetzung erarbeiteter technologischer, struktureller oder strategischer Lösungen steuernd oder operativ mitwirken. Das kann die Steuerung technologischer Projekte genauso umfassen wie die Verantwortung für neue (paneuropäische) Medienangebote und -marken.
nextMedia.Hamburg ist die Standortinitiative der Hamburger Medien- und Digitalwirtschaft. Sie wird von der Freien und Hansestadt Hamburg sowie engagierten Unternehmen und innovativen Akteur*innen getragen und ist seit 2018 Teil der Hamburg Kreativ GmbH.
Kernaufgabe ist die Förderung und Unterstützung neuer, zukunftsfähiger Geschäftsmodelle an der Schnittstelle von Content und Technologie. Der Fokus liegt auf Innovationen, die sich aus der Digitalisierung und der damit verbundenen Konvergenz der Medienmärkte ergeben (z.B. aus Presse und Rundfunk, Werbung, Musik, Games, Film, Buch und Software). Dafür entwickelt nextMedia.Hamburg regelmäßig neue Programme. In einem starken Netzwerk mit Partner*innen aus der Medien- und Digitalwirtschaft versteht sich die Initiative als Knotenpunkt und ist das europaweit größte und vielseitigste Netzwerk dieser Art.
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