Auch Verbraucher, die nicht strikt vegan oder vegetarisch leben, greifen immer häufiger zu Fleischersatzprodukten. Ein Hauptargument sind günstigere Nachhaltigkeits-Eigenschaften bei der Produktion: Flächen-, Energie und Wasserverbrauch der Ersatzprodukte sind im Vergleich zu konventionellen Fleischprodukten geringer. Nicht nur Hersteller, sondern auch Handel, Gastronomie und Lieferservices stellten sich zunehmend darauf ein. „Die in Deutschland schon immer sehr innovative Lebensmittelbranche wird bei steigender Nachfrage pflanzenbasierten Fleischersatz nach und nach in ihr Angebot aufnehmen“, sagt Dr. Andreas Daxenberger von TÜV SÜD. „Eine vollständige Trendwende ist auf Grund der noch geringen Anzahl konsequent vegan oder vegetarisch einkaufender Verbraucher aber nicht zu erwarten.“ Im Wesentlichen gibt es derzeit zwei unterschiedliche Ansätze für den Fleischersatz:
Fleisch auf Basis von Zellkulturen
Die künstliche Fleischerzeugung versucht, durch biomedizinische Verfahren aus lebenden Zellen eines Tieres erst Fleisch-Zellkulturen zu züchten und dann daraus Fleischgewebe bzw. Fleischprodukte zu erzeugen. Das Ergebnis ist das sogenannte In-Vitro-Fleisch, auch „clean meat“ oder „kultiviertes Fleisch“ genannt. Ihm gegenüber sind Verbraucher einer Studie des Fraunhofer-Institutes zum Thema Lebensmittelinnovationen zufolge zurückhaltend eingestellt: 39 % der Verbraucher haben davon schon gehört, aber nur 13 % nehmen den Nutzen dieser Innovation positiv wahr. Zudem sind die rechtlichen Hürden, ein solches Fleisch im deutschen Markt zu platzieren, sehr hoch. Es wäre gemäß der europäischen Novel-Food-Verordnung ein neuartiges Produkt und verpflichtend einem eigenen Zulassungsverfahren zu unterziehen, um die gesundheitliche Unbedenklichkeit nachzuweisen. Das Fleisch aus der Retorte gibt es seit zirka 2013: Damals wurde an der Universität Maastricht der Öffentlichkeit ein In-Vitro-Burger für 250.000 Euro präsentiert. Seitdem forschen weltweit Unternehmen an der Marktreife, wobei Kosten von zehn bis elf Euro pro Burger heute für umsetzbar gehalten werden. Diese Produktidee aus der Forschung ist auf dem Lebensmittelmarkt derzeit in Deutschland ohne Bedeutung.
Fleisch auf Basis von Pflanzenproteinen
Ein anderes Konzept für den Fleischersatz ist die Nutzung pflanzlicher Proteine zur Herstellung fleischähnlicher Lebensmittel, vor allem Soja-, Erbsen, Linsen, Lupinen oder Weizenprotein (Seitan). Diese proteinreichen Ausgangsstoffe liefern zunächst eine Eiweißmasse. Unter Anwendung von Druck, Temperatur und strukturgebenden Zutaten (z.B. modifizierte Stärke, Johannisbrotkernmehl, Xanthan) entstehen fleischähnliche Texturen, die dem Biss und Geschmack etwa von Rind- oder Hühnerfleisch möglichst nahe zu kommen versuchen. Je nach Produktanforderung werden noch Zusatzstoffe wie Stabilisatoren oder Säureregulatoren verwendet. Zusatzstoffe in herkömmlichen Fleischprodukten und vergleichbaren Ersatzprodukten sind jedoch nicht pauschal vergleichbar, da sich die Art und Menge an Zusatzstoffen im Einzelfall unterscheiden kann. Ein Blick ins Zutatenverzeichnis hilft dem interessierten Verbraucher hier weiter.
„Für Fleischersatzprodukte aus Pflanzenproteinen ist kein eigenes Zulassungsverfahren als neuartiges Lebensmittel erforderlich“, so Daxenberger. „Diese Lebensmittel sind bereits seit vielen Jahren in Deutschland etabliert und finden wachsenden Absatz. Allerdings müssen Irreführungen und Täuschungen der Verbraucher ausgeschlossen sein, denn es handelt sich nicht um Fleisch im Sinne der traditionellen Begriffsdefinition.“ Erste internationale Startup-Unternehmen und Handelsketten drängen derzeit mit einem neuen Fleischersatz-Burger, der überwiegend aus Erbsenprotein besteht und mit Rote Beete-Saft eingefärbt ist, auch in Deutschland auf den Markt.
Deklaration von pflanzenbasiertem Fleischersatz
Seitdem die Leitsätze für vegetarische und vegane Lebensmittel in Deutschland gelten, sind hier spezielle Deklarationsregeln einzuhalten. So muss die vorliegende Eiweißquelle an einer gut sichtbaren Stelle der Lebensmittelverpackung kenntlich gemacht werden, z.B. „mit Erbsenprotein“. Wurden mehrere gleichartige Proteine eingesetzt, darf es auf der Packung auch heißen „mit Pflanzenprotein“. Besondere Ursprungsbezeichnungen oder geschützte geographische Angaben dürfen nicht für den Fleischersatz verwendet werden. Es darf z.B. bei einer aus Pflanzen produzierten Bratwurst nicht einfach heißen „Thüringer Rostbratwurst“. Die Verwendung von Namen spezieller Fleisch-Teilstücke wie z.B. „Rinderfilet“ ist seit der Einführung der Leitsätze für vegetarische bzw. vegane Lebensmittel im Dezember 2018 nicht mehr möglich.
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