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Was die Old Economy von Startups lernt

Im Zuge des digitalen Wandels sehen sich traditionelle Unternehmen mit einer völlig neuen Konkurrenz konfrontiert: Nicht mehr nur die bisherigen Wettbewerber, sondern branchenfremde Player wie die grossen Tech-Konzerne aus dem Silicon Valley und junge Startups greifen die etablierten Unternehmen der Old Economy disruptiv in ihrem Geschäftsmodell an.

Was die Medienbranche bereits schmerzlich erfahren musste, droht auch anderen Branchen und Industrien. Beispiele wie Uber, Airbnb und Netflix zeigen eindrucksvoll, wie Startups durch intuitive digitale Services die Schnittstelle zum Kunden besetzen und damit bestehende Geschäftsmodelle obsolet machen. Und: nicht nur im Silicon Valley entstehen solche Player – auch in unseren Breitengraden gibt es mit Zalando, Thermondo oder Delivery Hero zahlreiche Beispiele schnell wachsender Startups.

Schnelles Scheitern statt Perfektionismus

Die jungen Digitalunternehmen operieren dabei nach einer völlig anderen Logik. Ideen und Produkte werden mit grosser Geschwindigkeit und 100-prozentiger Nutzerzentrierung entwickelt und getestet. Mithilfe von Innovationsmethoden wie Lean Startup und Design Thinking werden digitale Geschäftsmodelle von Beginn an, also bereits als erste, noch unausgereifte Prototypen, unter realen Bedingungen validiert. Nach dem Prinzip „fail fast and cheap“ wird auf diese Weise sehr früh deutlich, welche Idee Potenzial hat – und welche eben nicht. Diese agile Form des Entwickelns und Testens kombiniert mit einer radikal unternehmerischen Herangehensweise und weitreichendem Digital-Know-how verschafft den grossen Tech-Konzernen wie Google, Apple und Co. und jungen Startups entscheidende Vorteile gegenüber traditionellen Unternehmen.

Letztere verharren oft noch immer in ihren althergebrachten Prozessen und Strukturen. Produkte und Dienstleistungen werden bis zur Perfektion entwickelt, ehe sie auf den Markt gebracht werden. Das kostet nicht nur viel Zeit, sondern – falls der Markt die Idee nicht annimmt – auch sehr viel Geld. Unternehmen müssen sich bewusstmachen, dass die Digitalisierung sämtliche Unternehmensbereiche betrifft und bisherige Arbeitsweisen fundamental verändert. Deshalb reicht es nicht aus, nur einzelne Elemente eines Produkts oder eines Prozesses zu modifizieren. Es braucht eine entscheidende Veränderung im Mindset: Digitalisierung macht aus, Bestehendes in Frage zu stellen und nach radikalen Lösungsansätzen zu suchen.

Doch auch wenn Unternehmen die Bedeutung und Tragweite des digitalen Wandels mittlerweile erkannt haben, bleibt die Frage nach der Umsetzung. Wie starte ich in die digitale Transformation? Was sind die Erfolgsfaktoren und Stolpersteine in der unternehmerischen Praxis? Wie gelingt es, sich die Stärken der digitalen Player zu eigen zu machen und mit den bestehenden Assets zu verbinden?

Raus aus der Kernorganisation

Die zentrale Herausforderung für etablierte Unternehmen besteht darin, das bestehende Kerngeschäft weiterhin erfolgreich voranzutreiben und dabei gleichzeitig das Geschäft der Zukunft zu entwickeln, Innovation ja sogar Disruption zu ermöglichen. Dabei stellt die digitale Transformation bei Weitem nicht nur eine technologische Herausforderung dar, sondern auch einen weitreichenden kulturellen Change-Prozess. Es sind vor allem die bestehenden Strukturen und Prozesse im Unternehmen, die Digitalprojekte lähmen und schnelle Innovation unmöglich machen. Hinzu kommt die natürliche Skepsis gegenüber Veränderungen. Die Digitalisierung wird in der Belegschaft allzu häufig als Bedrohung denn als Chance wahrgenommen.

Wie lautet die Lösung? Raus aus der Kernorganisation! Innerhalb einer eigenständigen Digital-Einheit können neue digitale Ideen im „geschützten Raum“ – fernab der hemmenden Strukturen und Routinen der Gesamtorganisation – entwickelt und getestet werden. Innerhalb dieses Raumes, der als eigene Einheit nah am Unternehmen aufgebaut oder als eigenständige Digitaleinheit standortunabhängig ausgegründet werden kann, bietet sich die Möglichkeit, Dinge von Grund auf neu zu denken, mit Ideen auch zu scheitern und innerhalb kurzer Zeit prototypisch digitale Geschäftsmodelle zu schaffen. Dabei ist es nicht das Ziel, perfekte Produkte zu entwickeln. Es geht um die schnelle und agile Umsetzung von Innovationen, nah am Kunden und seinen Bedürfnissen. Scheitern ist dabei nicht nur erlaubt, sondern notwendig, um aus den Fehlern zu lernen. Auf diese Weise können in der Digital-Einheit innerhalb weniger Wochen neue digitale Produkte entstehen, die sich als marktfähig erweisen.

Ohne den CEO geht es nicht
Ideen, die sich „im Kleinen“ als erfolgreich herausgestellt haben, können dann aktiv genutzt werden, um die digitale Transformation auch in der Kernorganisation voranzutreiben. Mithilfe von Weiterbildungen und Workshops gilt es, das Knowhow der Digital-Einheit ins Gesamtunternehmen zu tragen, Mitarbeitern neue Tools und Innovationsmethoden nahe zu bringen und so Verständnis, im Idealfall sogar Begeisterung für die Digitalisierung zu wecken. Klar ist aber, dass so gravierende Veränderungen, wie sie die Digitalisierung erforderlich macht, nur mit der vollen Rückendeckung des CEOs gelingen kennen. Ist der CEO oder der Inhaber nicht Treiber des Digitalisierungsprozesses, wird der tiefgreifende Wandel nicht gelingen.

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Autor: Mario Fäh, Geschäftsführer, etventure Schweiz

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